aEVM - agiles Earned Value Management

Grundsätzliches zur Methode

Agile Entwicklung ist heute Standard. Aber auch bei agilen Projekten möchte der Auftraggeber in der Regel wissen:

  • Was bekomme ich für mein Geld?
  • Wann bekomme ich das?
  • Ist das Projekt noch 'grün'? 

Eine Methode, die einem hilft Projekte in Schieflage zu erkennen, ist das 'agile Earned Value Management (aEVM)'. Die Methode ähnelt weitgehend dem Earned Value Management im Wasserfall-Modell, basiert aber nicht auf detaillierten Projektplänen, sondern benötigt als Grundlage lediglich: 

  • Ein Backlog mit Aufwandsschätzungen für jedes Feature
  • Eine Releaseplanung, die die Features für das nächste Release und die Iterationen ('Sprints') zur Release-Entwicklung umfasst
  • Eine Budget-Angabe für das Release

Vorteile der Methode

  1. Abweichungen vom Plan können unterschiedliche Gründe haben: Oft resultieren Abweichungen daraus, dass Ressourcen nicht wie geplant zur Verfügung gestellt werden. Es kann aber auch sein, dass das Projektteam langsamer vorankommt als geplant, weil die Aufgaben unterschätzt wurden. Mit Hilfe von aEVM kann zwischen diesen beiden Fällen unterschieden werden und es können geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
  2. Die KPIs die das aEVM liefert können über Projektteams, Projekte, Programme bis auf Portfolioebene aggregiert werden, ohne dass sie ihre Aussagekraft verlieren. Man kann also damit ein konsistentes Portfolio-Reporting mit Drilldown-Möglichkeiten bis hinunter zu Projektreleases und Inkrementen etablieren. Dies macht das Instrument v.a. auch zur Steuerung von Projektportfolien und agilen Programmen (z.B. im Rahmen von 'Scaled Agile Framework - SAFe') interessant.

Die Abbildung zeigt eine auf aEVM-KPIs aufbauende Analyse in dem von der Conzelmann GmbH angebotenen Tool 'aSPM - agiles Service-Portfolio-Management':

Kommen im Backlog Features hinzu, die mit der Release ausgeliefert werden sollen oder werden Features gestrichen, so wird bei der Berechnung der Kennzahlen immer die aktuelle Baseline verwendet. Dies macht die Methode flexibel und man vergleicht nicht mit Plänen, die überholt sind.

Berechnung des Earned Value in agilen Projekten

Als erstes leitet man aus diesen Angaben die 'Baseline' ab: Der 'Planned Value' (PV) ist der Wert der zu einem bestimmten Zeitpunkt geplanten Projektergebnisse, bewertet zum Plankostensatz.

Beispiel: Haben die Features, die in einem Release implementiert werden sollen, einen Umfang von 800 Story-Points und sind 8 Iterationen zur Release-Implementierung geplant, so geht man davon aus, dass bei gleichbleibender Entwicklungsgeschwindigkeit ('velocity') nach 4 Iterationen 400 Story-Points implementiert sein werden. Beträgt das Release-Budget 400.000 EUR, so ist der Planned Value nach 4 Iterationen 200.000 EUR.

Dem Planned Value wird zur Beurteilung des Projektfortschritts der sog. 'Earned Value' (EV) gegenübergestellt. Der Earned Value ist der Wert der zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich fertiggestellten Leistungen, wieder bewertet zum Plankostensatz. Sind also im Beispiel nach 4 Iterationen Features im Umfang von 320 Story-Points implementiert, so entspricht das in obigem Beispiel einem Earned Value von 160.000 EUR. Das Projekt liegt also um 40.000 EUR hinter dem Plan. Dies reflektiert auch die Kennzahl 'Schedule Performance Index (SPI)' die man erhält indem man EV durch PV dividiert. Im Beispiel erhält man SPI = 0,8. Ein Wert kleiner 1 zeigt immer, dass das Projekt zeitlich hinter dem Plan liegt. Bei der Berechnung des Earned Value werden nur die Features berücksichtigt, die vollständig implementiert sind. Features in Arbeit bleiben außen vor um zu verhindern, dass der Projektstatus 'schöngerechnet' wird. Der Earned Value entspricht im Wesentlichen dem, was auch durch ein sog. 'burn-up-chart' reflektiert wird.

Daneben werden dem Planned Value auch die tatsächlichen Kosten ('Actual Cost', kurz: AC) gegenübergestellt. Liegen die tatsächlichen Kosten im Beispiel bei 150.000 EUR, so bedeutet dies eine sog. Kostenabweichung von 10.000 EUR. Die Kostenabweichung errechnet man indem man vom Earned Value die tatsächlichen Kosten abzieht. Dem entspricht der Performance-Indicator 'Cost-Performance-Indicator' (CPI), den man erhält indem man den Earned Value durch die 'Actual Cost' teilt. Im Beispiel erhält man CPI = 1,07. Ein Wert größer Eins zeigt hier an, dass die Planabweichungen nicht durch Performance-Problem im Team, sondern durch nicht bereitgestellte Ressourcen verursacht worden sind.

Estimate at Completion - EAC

Eine Division des Budgets durch CPI liefert die voraussichtlichen Kosten für die Fertigstellung des Releases. Im Beispiel sind das ca. 373.830 EUR. Das Projekt wird also wahrscheinlich günstiger als geplant. Da die Ressourcen jedoch nicht rechtzeitig bereitgestellt wurden, ist aber mit einer verspäteten Lieferung zu rechnen. Durch Streichen von Features könnte man z.B. den Planned Value so lange reduzieren bis der daraus errechnete SPI 1 wird. Dann kann man davon ausgehen, dass der verbleibende Scope im Zeitplan ausgeliefert werden kann.

aSPM, das Tool der Conzelmann GmbH für das agile Service-Portfolio-Management, verwendet agiles Earned Value Management zur Steuerung von Projekt-Portfolien. Lesen Sie hier, was aSPM sonst noch bietet.